Abschied von Valerius

Gestern war es so weit.
Meine Schwester Gaby und ich waren um 13:15 Uhr am Waldfriedhof angekommen. Dort trafen wir Waldemar, der Valerius gut kannte und ihm in seinen letzten Tagen unterstützend zur Seite stand.
Außerdem waren Arnd und sein Kollege von einer evangelischen Gemeinde vor Ort. Sie kannten Valerius ebenfalls gut, da sie jeden Freitag mit einem Bollerwagen in der Innenstadt unterwegs waren, um Getränke und Snacks zu verteilen.
Kurz darauf kam eine Frau auf uns zu und fragte, ob wir wegen Valerius da wären. Als wir bejahten, stellte sich heraus, dass sie seine ehemalige Lebensgefährtin war. Sie hatte eine 14-jährige Tochter mit ihm, die sie ebenfalls mitgebracht hatte. Außerdem waren seine Schwester und ihre erwachsenen Kinder aus Litauen angereist.

Trotz des traurigen Anlasses war es schön, nun auch diesen wichtigen Teil seiner Familie kennenzulernen. Sie hatten viele Fragen und wollten wissen, warum er gestorben ist und wie er gelebt hat.
Zum Glück hatte Waldemar das große Bild von Valerius aus der Stadt geholt, und ich hatte sein Taschenbuch dabei, das ich ins Grab legen wollte. Dieses Buch war eines der wenigen Dinge, die von seinem Leben geblieben waren, und seine Tochter wollte unbedingt etwas von ihm haben. Als sie das Bild sahen, weinten alle sehr – sie hatten ihn viele Jahre nicht gesehen. Ich gab der Tochter alles, damit sie etwas von ihrem Vater bei sich haben konnte.
Wir konnten der Familie fast alle ihre Fragen beantworten und auch von Valerius' letzten Tagen erzählen. Er hatte kurz vor seinem Tod gesagt, dass er seine Tochter so gerne besuchen würde, da sie weniger als eine Stunde entfernt wohnt. Ich hatte ihm versprochen, ihn hinzufahren, sobald er wieder auf den Beinen war. Die Familie erzählte uns, dass sie ihn gesucht hatten. Sie hatten gehört, dass er auf der Straße lebte, und wollten ihm unbedingt helfen. Leider hatten sie ihn nicht mehr rechtzeitig gefunden.
Die Urnenbeisetzung war für 13:30 Uhr geplant. Wir warteten noch auf den Pastor vom Obdachlosen-Express, der jedoch nicht kam. Also übernahmen wir die Beisetzung selbst.
Ich erzählte einige Worte über Valerius, denn einen Abschied ohne Worte konnten wir uns nicht vorstellen – auch der Familie war das sehr wichtig. Arnd sprach ebenfalls ein paar Worte, und Waldemar übersetzte für die Schwester, die kein Deutsch versteht.
Ich hatte große Angst vor diesem Tag, denn Valerius fehlt uns allen sehr. Doch als ich sah, dass so viele seiner Familienmitglieder gekommen waren, war ich glücklich. Es hätte ihm gefallen, sie alle um sich zu wissen.
Auch der Regen hörte auf, und die Sonne kam heraus. Schöner hätte sein letzter Weg kaum sein können.
Ruhe in Frieden, "alter Schwede". Du fehlst uns sehr.